Tonband gefällig?

Eine kleine Abhandlung zum Thema Tonband und Kassette, deren Geschichte und deren Einfluß auf die Musik.

Erstmals kam die magnetische Speicherung von Audiosignalen schon Ende des 19. (!) Jahrhunderts auf… Gut, 1899, … aber das zählt trotzdem! 🙂

Vom Stahltonband, über Papiertonband nahm die Entwicklung ihren Lauf bis hin zum kunststoffbasierenden Tonband, daß es letztendlich in die Massentauglichkeit schaffen sollte. Letzteres wurde von der Firma BASF in den 1930ern entwickelt, direkt gefolgt vom ersten Tonbandgerät, entwickelt und gebaut von der Firma AEG, beides in Deutschland.

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Tonbänder waren die erste Möglichkeit, standardisierte, (vergleichsweise) kosteneffiziente Tonaufnahmen zu machen… Die Alternative waren damals z.B. Wachsrollengeräte und Schallplattenschreiber, die weitaus teurer waren und mit der Haltbarkeit des neuen Mediums nur schwer Schritt halten konnten. Tatsächlich ist die analoge Tonbandaufnahme, bei korrekter Handhabung und Lagerung (!) bis heute das haltbarste Medium in diesem Bereich, das wir haben. Zumindest ist mir persönlich kein anderes Massenprodukt bekannt. Das ist ein Aspekt, der allerdings nur wenigen geläufig ist… Vielleicht sogar einer, der dem ein oder anderen unlogisch erscheinen mag… Jene Menschen, die die gute alte Musikkassette noch erlebt und in ihrem Alltag eingebunden hatten, bringen mit dem Stichpunkt MC oft Dinge in Zusammenhang wie Bandsalate, mit der Zeit abnehmene Qualität, leiernde Aufnahmen, etc. etc.

Diese Punkte kollidieren allerdings mit den genannten Schlagworten: korrekte Handhabung und Lagerung 😉

Die Haltbarkeiten von Tonträgern liegt dabei etwa wie folgt (das ist Wissen, das ich mir vor einigen Jahren einmal angelesen hatte; mit Quellen kann ich hier leider nicht mehr dienen):

  • DVDs (gepreßt, … auch wenn’s streng genommen kein Tonträger ist): Singlelayer DVD: ca. 20-25 Jahre, Doublelayer wahrscheinlich weniger (ein Betreiber eines Presswerkes sagte mir, daß er vermutet, daß Doublelayer DVDs durch die Verleimung der beiden Layer bereits nach 10 Jahren kaputt gehen könnten)
  • Audio-CDs (gepreßt) 25-35 Jahre
  • Audio-CDs (gepreßt, mit CD-Aufdruck im Tampondruckverfahren (wird heute nicht mehr angewendet)) 10 Jahre
  • Schallplatten (gepreßt, keine Dubplates) 45-55 Jahre
  • Tonbänder und Musikkassetten 65-80 Jahre!

Hier kommen wir auch schon zum chronologisch nächsten Punkt: Der Musikkassette… auch wenn die konventionellen Tonbandgeräte bei der analogen Musikaufzeichnung die Königsklasse waren, hatten sie so ihre Nachteile… Der Preis für Tonbandgerät und die entsprechenden Bänder war recht enorm. Außerdem waren die Tonbänder an sich auch ein wenig umständlich in Umgang und Bedienung. Dem entsprechend begannen schon gegen Mitte/Ende der 1950er Jahre die Entwicklungen an Konzepten von Tonbändern in Gehäusen (Kassetten).

Besonders hervor taten sich hier unter anderem der Philips-Konzern, der später in der Zeit auch noch durch seine Rolle bei der Entwicklung der CD Musikgeschichte schreiben sollte, und Grundig, wobei sicht das Format MC von Philips letztendlich gegenüber dem DC Format von Grundig durchsetzte. Mitte der 1960er Jahre war es dann so weit und die Musikkassette, auch Kassette, MC oder Tape genannt, war ein spruchreifes Produkt geworden. Der wirkliche Durchbruch kam allerdings erst in den 1970ern, als der japanische Sony-Konzern in den Prozeß mit einstieg und von dort an wurde die Musikkassette ein wichtiger Standard in der Musikwelt und behielt diesen Status bis in die frühen 2000er Jahre.

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Das besondere an der Musikkassette war eben, daß sie das erste erschwingliche Medium war, auf dem man nicht nur fertige Tonträger kaufen, sondern auch auf Leerkassetten selbst Musik aufnehmen konnte. Für den normalen Verbraucher hieß dies, daß er sich Musik kopieren, Kassetten mit Musik selbst zusammenstellen (die guten, alten Mixtapes) und diese überall mit hinnehmen konnte…

Noch bedeutsamer und in gewisser Weise revolutionär wirkte sich die Musikkassette auf eine ganz andere Gruppe aus: Musiker.

Waren früher Tonträgerproduktionen noch teure Unterfangen, öffnete sich hier eine ganz neue Welt, ja beinahe in neues Universum! Vor dem Siegeszug der Musikkassette mußte alles noch über Preßwerke laufen und das war teuer… Obendrein mußten teure Studioaufnahmen mit entsprechenden Masterbändern her, was für viele Bands das direkte Aus bedeutete. Das sollte sich nun ändern, denn mit der Musikkassette war das Zeitalter der Demotapes gekommen und mit ihm war der Untergrund geboren.

Konnten Presswerke und Musikindustrie früher noch den Daumen komplett auf der musikalischen Welt halten, bröckelte dieses Monopol langsam. Kassetten waren günstig, für jederman zu haben und zensurfrei. Klein- und Kleinstauflagen waren kein Thema mehr… Man produzierte einfach je nach Bedarf nach, wie man wollte und lustig war. Dadurch konnte sich Musik erstmals vollkommen frei bilden und entfallten, viele Genres und Subgenres entstanden, Subkulturen bildeten sich… Einige Bands, die heute Weltrang und Weltenruhm innehaben, sind auf dieser Basis entstanden, als Demoband, und konnten sich dadurch zu Wort melden: Hallo Welt, dies hier habe ich zu sagen…

In dieser Rolle ist die Kassette für mich mehr als ein Stück Nostalgie, ein Festhalten an Altem oder gar Veraltetem; die Kassette ist ein Ausdruck der Freiheit, für künstlerische Entkoppelung vom Mainstream, viele kleine und große musikalische Revolutionen und der Eröffnung eines eigenen Kosmosses an Ideen, Ausdruck und Emotionen.

Deshalb ist mir die Kassette wichtig und deshalb ist die Musikkassette immer noch Teil der Produktpalette von Medienbetrieb Völker.

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